Elektrik im Camper – Teil 2 – 230V Stromsystem
Im zweiten Teil unserer Serie zum Thema Elektrik im Camper geht es um das 230V Stromsystem. Auch hier gibt es wieder einiges zu beachten und der Gesetzgeber macht diverse Vorgaben. Wie wir unser 230V Stromsystem aufgebaut und umgesetzt haben möchten wir Euch in diesem Artikel mit wertvollen Hinweisen und Tipps näher erläutern.
Ein Hinweis vorab:
Es sei erwähnt, dass wir keine ausgebildeten Elektriker sind. Unser Wissen über dieses Thema, welches wir in unseren Artikeln an Euch weitergeben möchten, haben wir während unserer Ausbildung/Studium und durch umfangreiche Recherchen erlangt. Mit gesundem Menschenverstand haben wir es angewendet und die Elektro-Installation in unserem Camper selbst umgesetzt. Alles funktioniert zu unserer Zufriedenheit und auch die Sachverständigen hatten keine Beanstandungen. Dennoch übernehmen wir keine Garantie für Eure Elektro-Installation und raten Euch Eure Elektrik nach Fertigstellung von einem Fachmann überprüfen zu lassen. Safety first!
Das erwartet Euch in diesem Artikel im zweiten Teil unserer Serie zur Elektrik im Camper:
- Anforderungsliste erstellen
- Auswahl der Stromquellen
- Netzvorrangschaltung
- Kabel und Kabelverlegung
- Absicherung und Verteilung
Anforderungen an das 230V Stromsystem
Im ersten Teil unserer Serie zur Elektrik im Camper hatten wir bereits die generellen Anforderungen an unsere Elektro-Installation festgelegt. Ein 230V Stromsystem war hierbei ein fester Bestandteil. In unserem Falle benötigen wir dieses, da wir planen in unserem Wassersystem einen Boiler zu integrieren, welcher entweder über die Standheizung oder aber über eine Heizpatrone mit 230V beheizt wird. Außerdem möchten wir auf das ein oder andere elektrische Küchenutensil oder die Möglichkeit einen Haartrockner zu verwenden nicht verzichten – ein bisschen Luxus möchte man ja schließlich in seinem Camper auch haben.
Zum Anschließen der Geräte planen wir zwei Steckdosen im Wohnraum und eine Steckdose in der Heckgarage. Da wir mal auf Stellplätzen und mal frei stehen werden, ist zur Einspeisung neben der Landstrom-Steckdose auch ein Wechselrichter notwendig.
Damit wäre unsere Anforderungsliste komplett:
- Landstrom-Steckdose
- Wechselrichter
- 3x 230V Steckdose
Auswahl der Stromquellen
Wie in den Anforderungen beschrieben benötigen wir als Stromquelle eine Landstrom-Steckdose und einen Wechselrichter. Die Landstrom-Steckdose ist vonnöten wenn wir auf Stell- oder Campingplätzen unterwegs sind, der Wechselrichter wird gebraucht wenn wir frei stehen um aus 12V von unserer Batterie* die benötigten 230V zu generieren.
Die Landstrom-Steckdose
Wie bereits erwähnt ist die Landstrom-Steckdose notwendig, um den Camper auf einem Stell- oder Campingplatz mit Strom zu versorgen, sofern dort welcher bereitgestellt wird. Am Camper wird hierzu ein CEE-Einspeisestecker (3polig, blau) montiert. Dieser Stecker-Typ ist in unterschiedlichen Ausführungen erhältlich, je nach dem wie man es gerne hätte. Wir haben uns für eine rechteckige Variante mit weißem Deckel entschieden. Zur Montage musste ein passender Ausschnitt in die Karosse gesägt werden. Hier kam wieder unsere Stichsäge mit Metallsägeblatt sowie die Bohrmaschine mit Metallbohrern zum Einsatz. Wie immer wenn man Ausschnitte in die Karosse sägt gilt auch hier, lieber vorher zweimal messen und schauen ob der Ausschnitt später an der richtigen Stelle sitzt. Obwohl unser Einspeisestecker mit einer Gummidichtung geliefert wurde, haben wir ihn sicherheitshalber noch mit Dekaseal abgedichtet.
Der Wechselrichter
Um auch abseits von Camping- oder Stellplätzen 230V im Camper verwenden zu können ist ein Wechselrichter notwendig. Dieser wandelt die 12V Gleichstrom aus unserer Bord-Batterie in 230V Wechselstrom um. Wechselrichter gibt es in verschiedenen Ausführungen und Leistungsstufen. Speziell bei der Leistung kommt es auf die eigenen Bedürfnisse und die Geräte an die man betreiben möchte. Hier hilft ein Blick auf das Typenschild seiner Verbraucher. Wir haben uns für den Ective SI 15* entschieden. Dieser generiert eine reine Sinuswelle und man kann Verbraucher bis zu einer Leistung von 1500W anschließen. Zusätzlich haben wir uns noch die passende Fernbedienung* geholt um ihn bei Bedarf komfortabel ein- und ausschalten zu können. Ein Wechselrichter verbraucht nämlich auch Strom im eingeschalteten Zustand wenn kein Verbraucher angeschlossen ist. Daher möchten wir nicht das er dauerhaft läuft.
Die Netzvorrangschaltung
Hat man mehr als eine Eingangsspannungsquelle für das 230V Stromsystem im Camper, die die selben Steckdosen und Verbraucher speisen, dann muss man diese sauber voneinander trennen. Tut man dies nicht, dann kann unter Umständen der Wechselrichter Schaden nehmen wenn der Camper am Landstrom angeschlossen ist. Oder es liegen 230V an der Landstromsteckdose an wenn der Wechselrichter aktiv ist. Dies ist gefährlich, da die Pole der Landstrom-Einspeisung mit den Fingern berührt werden können.
Die Trennung der beiden Eingangsspannungsquellen kann entweder manuell über einen Umschalter realisiert werden, oder über ein Gerät welches diese Funktion automatisch übernimmt. Wir haben uns für letzteres entschieden und in unserer Elektro-Installation die Netzumschaltung Büttner MT NU 2300* verbaut. Dieses Gerät hat zwei Eingänge für die jeweiligen Einspeisespannungsquellen und einen Ausgang für die 230V Verteilung im Camper. Das Gerät erkennt selbstständig an welchem Einspeisepunkt eine Spannung anliegt und schaltet diese an den Ausgang durch. Liegt an beiden Einspeisepunkten eine Spannung an, dann wird eine vorrangig behandelt und durchgeschaltet. In der Regel sollte dies der Landstrom sein.
Es sei an dieser Stelle erwähnt das es auch Wechselrichter gibt wo diese Funktion bereits integriert ist. Da wir in unserer Elektro-Installation allerdings keine Multifunktions-Geräte verbauen wollten (hat das Gerät einen Defekt sind gleich mehrere Funktionen außer Betrieb), haben wir uns für das Gerät von Büttner entschieden.
Die richtigen Kabel und deren Verlegung
Über dieses Thema haben wir im ersten Teil unserer Serie zur Elektrik im Camper bereits geschrieben. Der Vollständigkeit halber das Wichtigste auch nochmal in diesem Artikel.
Die richtigen Kabel
Für den 230V Stromkreis sind nur mehradrige Litzenkabel zugelassen. Starre Leitungen, welche z.B. bei der Hausinstallation verwendet werden, können durch die Bewegungen und Vibrationen des Fahrzeugs brechen und zu Kurzschlüssen führen. Die Kabel der Wahl für den 230V Stromkreis sind also flexible Gummischlauchleitungen vom Typ
H07RN-F.
Zum Kabelquerschnitt macht der Gesetzgeber Vorschriften. Im Fahrzeug ist mindestens ein Kabel-Querschnitt von 1,5mm²
vorgeschrieben (wir haben durchgängig 2,5mm² Kabel verlegt) und für die Zuleitung* vom Landstrom zum Fahrzeug wird vom Gesetzgeber ein Querschnitt von 2,5mm² verlangt.
Die richtige Kabelverlegung
Im Vergleich zu einem Haus sind Fahrzeuge in Bewegung und somit sind Teile in dessen Innerem ebenfalls Bewegungen und Vibrationen ausgesetzt. Damit diese nicht zu Beschädigungen an den Kabel-Isolierungen und somit zu Kurzschlüssen und Kabelbränden führen, werden alle Kabel stets in schützenden Leerrohren oder Kabelkanälen verlegt. Dabei ist zu beachten, dass die Kabel des 12V Stromkreises nicht zusammen in einem Leerrohr mit Kabeln des 230V-Stromkreises verlegt werden dürfen. Befestige die Leerrohre in regelmäßigen Abständen mit z.B. Kabelbindern, damit sie während der
Fahrt nicht klappern. Um Gewicht und Geld zu sparen sollten die Kabel immer auf dem kürzesten Weg verlegt werden.
Kablel richtig absichern und verteilen
Auch bei der Verteilung der Kabel und deren Absicherung gibt es ein paar Dinge zu beachten.
Die richtige Kabelverteilung
Um alle Steckdosen sowie den Boiler mit Strom zu versorgen haben wir deren Zuleitungen an einem zentralen Punkt verteilt und mit dem Ausgang unserer Netzvorrangschaltung verbunden. Hierfür haben wir die Litzenkabel mit Aderendhülsen versehen und die Verteilung über WAGO-Klemmen* realisiert. Um das Ganze zu schützen haben wir die Verteilung in einer feuchtraum-geeigneten Verteilerdose untergebracht.
Die richtige Absicherung
Auch bei der Absicherung macht der Gesetzgeber Vorgaben. Der Landstrom-Eingang muss nahe dem Einspeisepunkt mit einem FI- und einem Leitungsschutz-Schalter abgesichert werden. Um dem nachzukommen haben wir einen kombinierten FI/LS benutzt. Wichtig ist hier das der Schutzschalter 2polig prüft und abschaltet. Günstigere Modelle z.B. aus dem Baumarkt mit der Bezeichnung 1P+N sind an dieser Stelle nicht ausreichend, da sie nur 1polig sind. Es kann nicht gewährleistet werden das am Einspeisepunkt Phase auf Phase und Neutralleiter auf Neutralleiter liegen und somit wäre bei einer Verpolung der Schutz nicht ausreichend. Dies kann zum Beispiel der Fall sein wenn die CEE-Dose auf dem Campingplatz falsch angeschlossen sein sollte (leider schon mehrfach erlebt). Weiterhin ist vorgeschrieben das der PE (grün-gelb) des Landstromeingangs und der Steckdosen etc. mit der Karosserie verbunden werden muss.
Der von uns verwendete FI/LS sichert unseren Stromkreis mit 13A ab. Dies erlaubt uns bei vorhandenem Landstrom Verbraucher mit einer Leistung von insgesamt knapp 3000W anzuschließen – vollkommen ausreichend, wenn nicht sogar überdimensioniert. Es gibt Campingplätze die ihren Landstrom mit 6A absichern (erlaubt Verbraucher bis zu 1380W). Hier sollte man sich vorher erkundigen bevor man den 2000W Heizlüfter anwirft :-).
Wie bereits geschrieben erzeugt unser Wechselrichter bei Bedarf 230V, wenn wir keinen Landstrom angeschlossen haben. In diesem Fall greift der FI/LS der Einspeisung natürlich nicht. Unser Wechselrichter bringt jedoch eine eigene Absicherung gegen Kurzschluss und Überlast mit, so dass wir auf einen Leitungsschutz nach dem Wechselrichter verzichtet haben. Wir haben jedoch noch einen zusätzlichen Fehlerstromschutzschalter (FI) verbaut. Über die Sinnhaftigkeit wird im Netz allerdings stark diskutiert. Wir wollten dennoch auf Nummer Sicher gehen und haben ein solches Gerät verbaut.
Zu guter Letzt...
Wir hoffen das es Euch mit unserer Beschreibung etwas leichter fällt das 230V Stromsystem in Eurem Camper umzusetzen. Solltet ihr euch an der ein oder anderen Stelle unsicher sein, dann lasst vor der Inbetriebnahme lieber nochmal einen Fachman über die Installation schauen.
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